Frauen bekommen fast die Hälfte weniger Pension

Vergangene Woche war der „Equal Pension Day“. Das ist nichts zu feiern, sondern jener Tag, an dem Männer bereits so viel Pension erhalten haben, wie Frauen erst bis Jahresende beziehen werden. Im Durchschnitt kommen Männer nämlich jährlich auf rund 26.000 Euro, Frauen nicht einmal auf 15.000 Euro Pension. Woran das liegt? Unter anderem zum Beispiel daran, dass Frauen aufgrund familiärer Verpflichtungen oft lange in Teilzeit arbeiten, oder überhaupt zu Hause bleiben müssen. Sie können weniger Lebenseinkommen erwirtschaften, Karriereschritte verzögern sich.

Weil Frauen deshalb nicht so viel in das System einzahlen, haben sie oft keinen oder viel niedrigeren Anspruch auf eine eigene Pension. Sie werden zum Bittsteller gegenüber dem Staat und dem Partner. Gleichzeitig sind die Chancen, sich eine eigene Pension zu erarbeiten, nach wie vor ungleich. Die Frauenministerin Pamela Rendi-Wagner (SPÖ) meint deshalb: „Es kann nicht sein, dass Frauen durch die Teilzeit eine große Einbuße in der Pension später haben.“ Das ist nicht neu. Viele Frauenministerinnen vor ihr haben das festgestellt und waren damit konfrontiert. Rendi-Wagner will beim Gehalt der Frauen ansetzen. Sie will einerseits den Mindestlohn einführen – eine Koalitionsbedingung. Andererseits sagt sie: „Wir brauchen mehr Lohntransparenz in den Unternehmen“. Gleichzeitig betont Rendi-Wagner – wie die Mehrheit im Parlament immer wieder – wie wichtig der Ausbau der Kinderbetreuungsmöglichkeiten sei. Es geht um ganztägige Betreuungsmöglichkeiten. „Frauenpolitik ist immer eine Gesamt-Regierungsaufgabe. Da braucht es Zusammenarbeit und Commitment. Damit adressiert sie den Finanzminister Hans-Jörg Schelling (ÖVP). Er sei gefordert, es brauche eine fixe finanzielle Zusage an die Länder und Gemeinden für die Kinderbetreuung, sagt die Frauenministerin.

Weil Frauen weniger ins System einzahlen, haben sie oft viel niedrigeren Anspruch auf Pension. Sie werden zum Bittsteller gegenüber Staat und Partner. 

Auch die Frauensprecherin der Grünen, Berivan Aslan mahnt Reformen ein, um die Pensionsschere zu schließen. Zusätzlich ein automatisches Pensionssplitting und eine raschere Anpassung des Frauenpensionsalters an jenes der Männer, unterstützen die Neos als einzige Parlamentsfraktion. Hier ist Österreich EU-weites Schlusslicht mit dem längsten Übergangszeitraum. Die wahrscheinlich vorerst letzte schwarz-rote Koalition hat beschlossen: Erst im Jahr 2024 beginnt man das Pensionsantrittsalter bei Frauen zu heben. Gleichauf mit den Männern soll es dann bis 2033 sein.
Lettland hingegen hatte die Angleichung 2008 geschafft, Belgien und Ungarn 2009, Estland 2013, Slowakei 2014, Rumänien 2015. Hinter Österreich kommen die Türkei, danach Albanien, Mazedonien, Weißrussland, Armenien und Georgien.

Automatisches Pensionssplitting
Um Ungleichheiten auszugleichen, steht immer wieder ein automatisches Pensionssplitting im Raum. Seit dem Jahr 2005 besteht die Möglichkeit, dass Paare ihre Pensionszeiten und damit in weiterer Folge auch ihre Pensionen aufteilen. Dabei überträgt jener Elternteil, der überwiegend oder zur Gänze erwerbstätig ist – also bisher im Regelfall der Vater – dem anderen Elternteil – also meist der Mutter, die sich um die Kindererziehung kümmert – für die ersten vier Jahre nach der Geburt eines Kindes 50 Prozent seiner Pensionsgutschrift. Es sind Übertragungen für maximal 14 Kalenderjahre möglich. Der Antrag ist schriftlich beim leistungszuständigen Versicherungsträger – dort, wo der erwerbstätige Elternteil pensionsversichert ist bis zur Vollendung des 10. Lebensjahres des jüngsten Kindes einzubringen. Das alles passiert in Österreich auf freiwilliger Basis. Der Andrang für das Modell hält sich in Grenzen.

Freud und Leid, Tisch und Bett teilen. Und die Pension.
Vorbild für dieses sogenannte Pensionssplitting ist die Schweiz. Dort wurde diese Maßnahme bereits im Jahr 1998 eingeführt. Der Pensionsforscher Bernd Marin (Ich habe ihn ausführlich interviewt. Read on here: „Frauenpensionsalter ist diskriminierend“) meint: „Es muss für hartgesottene Machos oder Frauen, die das partout nicht wollen, eine einvernehmliche Opting-out-Möglichkeit vom Pensionssplitting geben. Dann kann der Mann sagen: ,Mit der Frau will ich Kinder haben, mein Leben teilen, Tisch und Bett, Freud und Leid, aber meine Pension kriegt sie nicht.‘ Und sie wird rechtzeitig sagen: ,Wenn der so ein Macho ist, dann soll er mich gern haben. Den heirate ich nicht.‘ So kommt die Stunde der Wahrheit rechtzeitig.“

Pensionssplitting Facts
I: Der Antrag auf Pensionssplitting ist beim leistungszuständigen Versicherungsträger – dort, wo der erwerbstätige Elternteil pensionsversichert ist, bis zur Vollendung des 10. Lebensjahres des jüngsten Kindes einzubringen. Es sind in Summe Übertragungen für maximal 14 Kalenderjahre möglich.

II: Laut einer parlamentarischen Anfrage der Neos im September des Vorjahres wurde das Pensionssplitting seit der Einführung 2005 nur 505 Mal in Anspruch genommen. Nur elf Anträge langten bei der Sozialversicherungsanstalt für Gewerbetreibende ein, bei den Bauern war es gar nur einer. Bei der Pensionsversicherungsanstalt (PVA) langten mit Stichtag 3. Oktober 458 Anträge ein.

III. Witwenpension: 91 Prozent aller Hinterbliebenenrenten gehen an Frauen, neun Prozent an Männer. Es gibt mehr als 430.000 Witwen, gerade einmal 41.000 Witwer. Die Witwenpensionen machen 34 Prozent aller Frauenpensionen aus, bei den Männern fünf Prozent.

IV: Buchtipp: Unter dem Titel „Women’s Work and Pensions: What is good, what is best?“ hat Bernd Marin gemeinsam mit Eszter Zólyomi 2010 einen englischsprachigen Sammelband herausgegeben. Pensionsexperten, überwiegend Frauen aus ganz Europa, analysieren die grundlegenden Herausforderungen durch vergleichende Länderstudien. Sie bringen Fakten und Zahlen, ziehen theoretische Lehren und praktische politische Schlussfolgerungen aus den Studien und geschlechtsspezifischen statistischen Indikatoren.

Ein Gedanke zu “Frauen bekommen fast die Hälfte weniger Pension

  1. Pingback: Bernd Marin: „Das ungleiche Pensionsalter diskriminiert Frauen doppelt.“ | Juliane Fischer

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