…machen die Frauen seit vier Generationen Wein: Rotgipfler aus Mödling
Thermenregionweinbau ist geschichtsträchtig. Die Babenberger hatten schon einen „landesfürstlichen Berghof“ an den sonnigen Hängen des Anningers. Der_„Gumpoldskirchner“ aus den beiden gebietstypischen Sorten Zierfandler und Rotgipfler und der „Vöslauer“, ein Blauer Portugieser, wurden am kaiserlichen Hof aufgetischt. Die Landpartie des 19. Jahrhunderts führte die Wiener in die Gegend südlich der Hauptstadt. Und auch Kronprinz Rudolf machte zwischen seinem Jagdschloss in Mayerling und der Hofburg gerne Rast in Mödling. Sein Besuch beim Heurigen in der Friedrich-Schiller-Straße 6 ist durch die Tagebucheinträge seines Kutschers „Bratfisch“ belegt. Hier sitzt einer der ältesten Betriebe der Region. Im Frühjahr feiert die Familie Pferschy-Seper ihr 300-jähriges Jubiläum und 15 Jahre Bio-Zertifizierung. Die Vorfahren, gewisse Buchgrabners aus Tirol und Bayern, haben sich nach der zweiten Türkenbelagerung angesiedelt. Das belegen die frühesten Aufzeichnungen in der Chronik aus 1718. Nach dem ersten Weltkrieg hat Josephine Buchgrabner den Betrieb übernommen. Seither ist der Wein in vierter Generation in Frauenhand. Birgit Pferschy-Seper führt seit 2004 den neun Hektar großen Hof. Ihre drei Töchter, der Ehemann und die Eltern arbeiten am Heurigen mit.
Die Chefin mag am liebsten im Fass ausgebaute Weißburgunder. Deshalb stellt diese Sorte ein Drittel der Weißweine. Lokalkolorit haben natürlich Zierfandler und Rotgipfler gepachtet. Von letzterem gibt es 110 Hektar in der Thermenregion. Und nirgendwo sonst auf der Welt. Der 2016er von Pferschy-Seper riecht fruchtig nach Mandarinenmarmelade, schmeckt cremig und gehaltvoll (13,5%) nach Maroni, Champignon und Haselnuss. Schließlich war er vor der Flasche im Fass aus Wienerwaldeiche und stammt vom Fuße des Anningers. Über dessen Potenzial wussten ja schon die Babenberger bescheid.
(erschienen im Falter 9/18 vom 28.2.2018)
Photo: Adrian Almasan
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