Geht es um Weintrends, ist die Rede vom Orange Wine, vom Natural Wine, vom Naturwein. Klare Begriffsdefinitionen fehlen, Einordnungen sind unscharf, aber vor allem nicht zwingend synonym, auch wenn sie meist so verwendet werden.
Für Orange Wine gilt: Weißweintrauben werden (wie beim Rotwein) auf der Maische vergoren – also nicht direkt nach der Lese gepresst und als Traubensaft vergoren, sondern mit der Beerenschale. Sie gibt dem Wein die namensgebende Farbe. Das Rundherum kann theoretisch ganz unterschiedlich aussehen: vom minimalen Eingriff des Winzers bis zur Vinifikation konventioneller, mit Pestiziden behandelter Trauben und Aromahefen. Der Wein kann im Tongefäß, Beton-Ei, im Fass oder im Stahl reifen. Ohne Schwefelzusatz oder mit.
Orange Wine steht also für ein Verfahren, in den meisten Fällen steckt dahinter aber freilich auch naturnahe Arbeit: Fast alle Winzer, die Orange Wine produzieren, arbeiten biologisch oder biodynamisch – die einzigen Siegel, die bei uns tatsächlich (EU-weite) Vorschriften bedeuten und kontrolliert werden.
Orange Traminer
Zur Maischegärung eignen sich zum Beispiel die aromatischen Traminersorten, nach Roseblüte, Grapefruit und Litschi, Muskatnuss und Nelken duftend. Wohl fühlen sie sich im südoststeirischen Vulkanland. Viereinhalb Hektar davon hat die Familie Winkler-Hermaden. Ihr Jahrgang 2015 ist fast in Beerenauslesequalität geerntet.
Die Beeren kamen für die spontane Gärung (wieder so ein Fachbegriff – ohne Reinzuchthefe) für einen Monat in den Stahltank. Dann reifte der Wein eineinhalb Jahre lang im 600-Liter-Tank aus der eigenen Kapfensteiner Eiche. Ein Wein wie gemacht für Leben mit gebratenem Apfel.
Traminer und Maischegärung als unschlagbare Kombi – das scheint sich herumgesprochen zu haben. Birgit Pferschy-Seper hat gleich mit ihrem ersten Versuche einen Treffer bei der „awc international“ in der Kategorie “Alternative Wines” gelandet. Sie nennt ihn Traminer natural (sic!).
Kostnotiz dazu: matte Farbe, zwischen Mandarine, hellem Bernstein und der Zwiebelfarbe für Ostereier. Rosenduft, kräutrig, Bergamotte, Blutorange, Eisen, Marillenmaische. Am Gaumen setzen sich Blutorange und Mandarine fort. Dazu Wacholder, Nusslikör. Voll, leicht bitter und balsamisch, aber ausgeglichen, harmonisch.
(verkürzt so erschienen im Falter 47/17 am 22. November 2017)