Wenn der Toni mit der Moni, dann ist das nichts für empfindliche Mägen, aber postmodern like in 2006. Die Metaebene versteckt sich hinter den Bergen, bei den sieben Zwergen. Ein Sittenbild, boshaft verzerrt.
Es war einmal ein Stück österreichischer Gegenwartsliteratur, das mit den Erzählebenen spielte. Vor dem Hintergrund einer Anti-Heimatroman-Kulisse, mit Frischverliebten, Dramatik und Spannung. In einer besonders mündlichen Sprache und in ungewöhnlicher Prosaform. Dieses Buch hieß: „Das Wetter vor 15 Jahren“. Geschrieben hat es niemand geringerer als Wolf Haas, damals (nur) bekannt durch seine Brenner-Krimis, aber schon schwer gehyped.
Zehn Jahre später erscheint nun „Toni und Moni“ von Petra Piuk. Das Konzept erscheint ähnlich, die Sprache ist nur noch einen Deut hinterfotziger und die Handlung viel blutiger. Es ist ein böses, grausliches Buch, ein Best of Böse Buch (den Begriff „Roman“ finde ich hier nicht zielsicher). Hat man nicht von Haus aus einen starken Magen, liest man besser mit ein paar Stamperl Nussschnaps.
Während Haas als Vermittlungsformat das Autoreninterview wählt, um seine Handlung zu erzählen, möchte Piuk eine „Anleitung zum Heimatroman“ geben. Das rechtfertigt zwar wahrscheinlich die totale Pauschalierung und Anhäufung ländlicher Klischees, wirkt aber auch hyperbemüht. Ihre Dorfpolemik entspinnt sich aus der Sicht des Helden Toni, der schneller erwachsen wird als es gut ist und dennoch wohl immer das Neujahrsbaby bleiben wird. Sein erklärtes Ziel: Das Nachbarsmädel heiraten und zum Heimchen am Herd schwängern. Egal ob heuchlerischer Kirchengang oder anzüglicher Kirtagstanz: Es geht ums Fleischliche und ans Eingemachte.
Dazwischen montiert Piuk einen fiktiven Schriftverkehr mit der Lektorin, die immer wieder zum Happy End mahnt und Leserbriefe, die erinnern, doch „bei der Wahrheit zu bleiben“. Sie schreibt wie ihr der Schnabel gewachsen ist. So würde man es ausdrücken in Schöngraben an der Rauscher, dem Schauplatz der Abhandlung. Ein rotzfreches Mensch sei sie, die Autorin, würde man hinzufügen. Zwischen Erzählstimme (deren Stil eine Mischung aus Nöstlingers Franz-Geschichten und Gustav Ernst ist) und Schriftstellerin unterscheidet man am Stammtisch nicht so genau. Was die Leut’ halt so reden, wenn der Tag lang ist. Dann schaut man auch zu tief ins Glas oder es rutscht einem die Hand aus. Häusliche Gewalt, sexueller Missbrauch, Selbstmord und Totschlag kriechen als dark side of Landlife hinter dem Schein der Provinzidylle hervor. Denn in Kreuzstich steht geschrieben: Deine Nachbarin sollst du im Maisfeld lieben. Und eigentlich wollte sie es eh auch.
Toni und Moni Oder: Anleitung zum Heimatroman
Petra Piuk
Kremayr & Scheriau, 2017
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