Der Weiße, der aus der Donau stieg, um Lämmer zu begleiten.
Neuburger galt früher als Geheimwaffe: Er neigt zu Botrytis, der rosinenartigen Edelfäule, und ist damit Zuckerlieferant im Gemischten Satz. Außerdem ist der Neuburger immer reif geworden, egal wie sich der Wettergott gebärdete. Nicht einmal im Spitzer Graben erfriert der, meint Erwin Tinhof. Dort liegen der Legende nach die Wurzeln des Neuburgers. Um 1850 sei ein Rebenbündel aus der Donau gefischt worden. Die Winzer schätzten rasch die frühe Reife.
Der Burgenländische Winzer meint: Der Neuburger kann mit der internationalen Weißwein-Stilistik mithalten und mit Regionalität punkten. Er ist keine duftige Sorte wie Muskateller oder Riesling, sondern sei „vornehm zurückhaltend“. Gerade weil er nicht Gefahr läuft, von der eigenen Sortenaromatik übertönt zu werden, spiegelt er das Terroir gut wider, ist der Weinbauer überzeugt. Zum Beispiel den Leithakalk vom Leithaberg, wo er selbst zu seinen zweieinhalb Hektar Neuburger drei weitere ausgesetzt hat. 2015 war der erste Neuburger vom Leithaberg, den Tinhof sortenrein ausgebaut hatte.
Körper und Fülle holt er sich mit dem Alkoholgehalt, allerdings gut eingebunden in salzkaramelliger Schwere. Die frühe Sorte lässt nur ein kurzes Zeitfenster für die Lese. Übersieht man den Erntezeitpunkt, hat die ohnehin säurearme Sorte noch weniger davon. Was bei anderen Weinen die Säure ausmacht, erledigt beim Neuburger der Gerbstoff. Er kommt aus der dicken Schale, gibt dem gereiften Wein (ein dreiviertel Jahr im 2000-Liter-Fass) ordentlich Konter und liefert Leichtherbes für Gin-Fans: Orange, Schwarztee, Wacholder, Pistazie und schwarze Nuss. Vielleicht weniger der Wein, von dem man solo an der Bar eine Flasche leert, aber ein idealer Speisenbegleiter zu Thymian, Lamm, Morcheln. Zuerst ruhig noch ein paar Jahre noch liegen lassen.
Neuburger Leithaberg DAC
2015
Tinhof
16 Euro
(erschienen im Falter 29/2017, am 19.7.2017)
Foto: Paul Szimak