Wenn der Jamón Serrano den Glaubwürdigkeitsfaktor trübt.
Ein authentischer Twitteraccount eines Politikers hat etwas Erfrischendes. Nicht nur für Journalisten, von denen viele schon reflexartig „Inszenierung!“ schreien, und das auch gar nicht zu Unrecht und fast schon so laut, wie das jeweilige Parteigegenstück „Wahlkampf“ ruft, wenn der SPÖ-Kanzler Pizza just an einen Öffentlichkeitsarbeiter im SPÖ-geführten Sozialministerium liefert.
Da freut man sich doch über die liebevoll gebastelten Grasbilder von Andrä Rupprechters Kinder zum Muttertag. Das kommt herzlich und direkt ohne zwischengeschaltete Öffentlichkeitsmitarbeiter. Ein gut geführter Auftritt in den Neuen Medien kann den Glaubwürdigkeitsfaktor ungemein in die Höhe schrauben.
Blöd nur, dass genau diese gute, sinnvolle Social-Media-Authentizität die Glaubwürdigkeit der politischen Message dämpft. Das, was da auf des Ministers Frühstückstisch liegt, steht in größtmöglicher Diskrepanz zur offiziellen Werbelinie des Ministeriums. „Der Weg regionaler Produkte in die öffentlichen Küchen führt zum einen über gesetzliche Möglichkeiten, zum anderen über Information und Bewusstseinsbildung“, meint der Minister immer wieder. Er steht hinter Regionalitätsoffensiven, ermuntert die Gastronomie und meint das Bestbieter- statt dem Billigstbieterprinzip würde der heimischen Qualität helfen. „Unser Heer isst regional“, verlautbart er gemeinsam mit Verteidigungsminister Doskozil, gestützt durch einen Plan für mehr heimische Wertschöpfung. Das Heer schon, der Minister nicht.
Dass Tiroler immer Tiroler Speck zuhause haben, wäre vielleicht eine etwas zu hochgesteckte Erwartung, aber dass ausgerechnet stattdessen der Jamón Serrano, ein spanischer Schinken, dessen traditionelles Herstellungsverfahren als „garantiert traditionelle Spezialität“ geschützt ist, in Italien geschnitten und verpackt wurde, neben dem Nestlé-Joghurt liegt, passt nicht so ganz ins Bild. Der Minister kann sich nur glücklich schätzen, dass die heimischen Bauern ihre Revolte-Mistgabeln noch nicht auf Twitter fixiert haben. Ein Shitstorm wäre ihm sicher. Dennoch ist doch zu hoffen, dass Rupprechter nicht seine Social-Media-Schnauze ändert, dafür aber sein Einkaufsverhalten.