Die Pfefferei holt Rosa Pfefferbeeren vom Brasilianischen Pfefferbaum, Kubeben-Pfeffer aus Indonesien, Indische Sonnenflocken und Persisches Blausalz nach Österreich.
Sri Lanka, Peru, Bolivien, Madagaskar, Australien, Kambodscha – was klingt wie Urlaubsträume von fernen, warmen Orten, sind die Herkunftsländer der Gewürze von Markus Schleich. „Wo der Pfeffer wächst“ steht schließlich nicht nur sprichwörtlich für die Ferne.
„Die Pfefferei“ gibt es seit 2014, entstanden aus einer rasch umgesetzten Idee. Der Geschäftsführer Markus Schleich hat schon immer gerne gut gewürzt, scharf gegessen, oft gegrillt. Als er wieder einmal mit Freunden beim Barbecue zusammensitzt und über das köstliche Essen redet, hält er beim Griff zum Nachwürzen kurz inne und stellt fest: „Ich kenne von allem auf dem Tisch die Herkunft, aber habe keine Ahnung, was in der Pfeffermühle drin ist!“ Seine Frau und er würden bewusst einkaufen, erzählt Schleich, „wenn möglich Bioprodukte und bei Nahversorgern aus dem Umfeld. Wir setzen uns mit Produzenten auseinander.“
Die vielen Grautöne der Pfeffervielfalt
Über den Pfeffer hingegen wusste niemand in dieser Runde etwas. Das war der Beginn einer Art Interessensreise für Schleich: Wie schaut die Pflanze aus? Wo kommt dieses Gewürz her? Er entdeckt die vielen Grautöne der Pfeffervielfalt und stellt fest: „Es gibt so gravierende Unterschiede, nicht nur klassischen Pfeffer und Salz, die ich früher verwendet habe“. Er sammelt Information, bestellt Proben und kreiert ein kleines Sortiment an Lieblingssorten und weil er eigentlich aus dem Marketingbereich kommt, ist der nächste Schritt vorgegeben: „Es muss auch vom Äußerlichen her etwas geben“, sagt er und fing an, verpackungstechnisch zu experimentieren und Recyclingkartonagen zu suchen. Was ihn nämlich auch störte, waren die mehrfach in Plastik oder Einwegglas abgepackten Gewürze. Als Inspiration diente die alte Gewürzlade aus Holz von seiner Großmutter. Schleich übernimmt den Kippfächer-Mechanismus und legt ihn auf seine Kartonquader um.
Mittlerweile ist der Pfeffer Schleichs Hauptberuf. Wie er sein Gewürzwissen aufgebaut habe? – „Es gibt jede Menge Bücher, auch zur Geschichte des Pfeffers.“ Das Um und Auf sei ohnehin das Ausprobieren. Es geht um die Optik, die Haptik, den Geschmack. „Bei Verkostungen lasse ich Kunden in ein Pfefferkorn beißen“, erzählt der Unternehmer. Viele seien erstaunt und überlegen, warum sie das so probieren sollen. Denn: „Jeder kennt Pfeffer, aber zum ersten Mal schauen die Leute: Wie schaut die Struktur, die Oberfläche, das Innenleben aus?“
Es geht nicht nur um Drüberstreuen
Was folgt, ist eine bewusste Wahrnehmung und erste Überlegungen: Wo könnte dieser und jener Pfeffer dazu passen? Wie grobkörnig und in welcher Menge? Das Gewürz erfährt eine enorme Aufwertung, meint Schleich zu beobachten. Bewusste Genießer gingen regelrecht ehrfürchtig damit um. Mit der gesteigerten Wertschätzung hängt nicht nur das besondere Aufbewahren, sondern vor allem der Preis zusammen. Die meisten Arten sind bei der Pfefferei in circa 45-Gramm-Größe abgepackt und kosten elf oder zwölf Euro, die Raritäten-Linie 19 Euro und der Tasmanische Bergpfeffer 25 Euro. Diese bitter-erdige Pfeffersorte empfiehlt sich übrigens bei Wildgerichten, dunklem Fleisch und im Gin Tonic. Sie färbt leicht rötlich-blau ein.
Von Grün bis weiß
Die Wiege des Pfeffers war Indien. Im Süd-Westen des Landes, genauer im Bundesstaat Kerala, dort im Hochland an der „Pfefferküste“, der Malarbarküste, wurde der erste kultivierte Pfeffer als Gewürz verwendet. Nach und nach breitete sich die Pflanze in Richtung Südostasien aus. Was für Kakao gilt, stimmt auch beim Pfeffer: Die Erntemengen der traditionellen Arten sind geringer, dafür enthalten sie mehr Geschmacks- und Aromastoffe, beim Pfeffer auch ätherische Öle. Ein Beispiel dafür ist der Tiger-Pfeffer. Von dieser Sorte stammt im Pfefferei-Sortiment auch der grüne und der weiße Pfeffer. Es unterscheiden sie nur die Reifegrade. So wird der grüne Pfeffer als unreife Beere zwischen November bis Mitte Jänner geerntet und rasch getrocknet. Er hat ein frisches Aroma und eine dezente angenehme Schärfe zu Schwein oder Kalbfleisch. Außerdem gehören die grünen, runzeligen Beeren zur echten französischen Pfeffersauce, findet Schleich.
Weißer Pfeffer ist weniger aromatisch, dafür sehr scharf und sollte sparsam verwendet werden. Er passt zu Fisch, Geflügel, Reis und Nudeln, sowie zu allen hellen Soßen und Suppen. Der weiße Pfeffer ist eigentlich nur der Kern. Er wird aus vollreifen, orange bis rötlichen Pfefferfrüchten gewonnen. Die äußere Hülle und das Fruchtfleisch werden entfernt und zwar indem die Früchte in großen Leinensäcken zwei Wochen lang in fließendem Wasser liegen, wegfaulen und mechanisch entfernt werden können. Der beige Pfeffer-Kern wird dann in der Sonne getrocknet und ausgebleicht.
Das Sortiment der Pfefferei ist übersichtlich. „Ich habe Sorten ausgewählt, die mich faszinieren“, sagt der Händler. Bei den zertifizierten Bioprodukten gibt es neun unterschiedliche und letztes Jahr kam ein kleiner Teil dazu: die Pfefferraritäten. „Sie haben die gleichen Qualitätsansprüche, aber keine Zertifizierung, weil viele in Wildwuchs wachsen. Das macht den Nachweis schwierig“, erklärt der Unternehmer.
Was macht bio bei Pfeffer aus?
„Wie bei vielen anderen landwirtschaftlichen Produkten geht es um Anbau und um verwendete oder eher nicht verwendete Mittel“, sagt Schleich. Das betrifft Wachstum, Aussaat und Hege und Pflege – keine chemisch-synthetischen Düngemittel und Pestizide, viele Arbeitsschritte werden händisch erledigt.
Die meisten Sorten können zweimal im Jahr geerntet werden. Das hängt von den klimatischen Bedingungen ab: Starker Regen oder lange Trockenzeit beeinträchtigt die Ernte. „Wir kriegen die einzelnen Produkte oft nicht in der Menge, wie wir sie gerne hätten“, sagt er. Um die Abwicklung kümmert sich ein Partner, sonst wäre es schwierig den Import von Wien aus zu machen. Fair-Trade-Gütesiegel gibt es nicht. Schleicht verlässt sich da auf seinen Einkäufer, der die Agrargemeinschaften vor Ort kennt und weiß, wie die Arbeitsbedingungen und die Entlohnung aussehen. Er selbst hat bisher übrigens in Indonesien eine Pfefferplantage besichtigt.
Schwarzweiß-Denken
Einen Kreis der Pfefferfreaks gäbe es noch nicht, aber eine hohe Zahl an Stammkunden, die die Qualität zu schätzen wissen und notfalls auf der Warteliste ihrem Lieblingspfeffer harren. Sie geben Feedback und schicken Rezepte, wenn sie für eine bestimmte Pfeffersorte etwas ausprobieren.
Tellicherry beispielsweise, eine edle Pfeffer-Rarität aus dem Periyar-Naturschutzgebiet an der Malabarküste gibt scharf Angebratenem die richtige Würze. Aufgrund der späten Ernte ist er eher rotbraun und im Geschmack intensiver, wärmer und nussiger als der gewöhnliche schwarze Pfeffer. Der Geruch erinnert ein wenig an Tee oder Sandelholz. Für Nachspeisen – auf Vanilleeis, flambierten Früchten, zum Beispiel gegrillten Marillen – empfiehlt Schleich – Grünen Pfeffer, nicht feinpulverisiert, sondern grobflockig als optisches Dekor.
Wenn Kunden meinen, sie würden keinen Pfeffer vertragen oder den Geschmack nicht mögen, gehen sie immer vom klassischen Pfeffergeschmack aus.
Dann probiert Schleich es mit der nicht-scharfen Alternative, den rosa Pfefferbeeren. Sie schmecken süßlich, fruchtig, was zu Salat, Käse, zartem Gemüse wie Spargel und süßen Desserts passt. Botanisch gesehen sind sie gar kein Pfeffer. Sie werden auch „Schinusbeeren“ genannt und stammen vom Brasilianischen Pfefferbaum, der bis zu 12 Meter hoch wird.
Mit anderen Pfeffern geschmacklich gar nicht zu vergleichen, ist der Kubebenpfeffer. Er ist auf Java und anderen indonesischen Inseln heimisch, wird aber auch in Sri Lanka angebaut. Denn bei diesem Stielpfeffer dominiert eine warm-kampferartig Note, die ein wenig an Piment, Eukalyptus und Minze erinnert, er schmeckt leicht bitter-süßlich. Ursprünglich wurde der Kubeben-Pfeffer mit seiner Mentholnote wegen seiner vielseitigen gesundheitsfördernden Eigenschaften z.B. bei Magen, Harnwegs- und Atembeschwerden eingesetzt. Er hat antiseptische Eigenschaften und ist in der ayurvedischen Küche sehr beliebt. In der modernen Küche erlebt der Kubeben-Pfeffer seit einigen Jahren seine Renaissance. Er passt ideal zu Käse, Chutneys und Meeresfrüchten.
Pfeffer in Gold aufwiegen
Früher war Pfeffer überhaupt ein Luxusgut, das dekadent verwendet wurde. Er wurde sogar mit Gold gleichgesetzt: Angeblich wurden römische Legionäre mit Pfefferkörnern bezahlt, und in Verhandlungen wurde Pfeffer gegen Gold aufgewogen. Besonders bedeutsam war, dass mit Pfeffer ähnlich wie mit Salz Lebensmittel lange haltbar gemacht werden können.
Mit König Ludwig dem XIV. zog der Pfeffer in die Herrscherhäuser ein. „Da wurde dekadent viel verwendet. Das konnte gar nicht mehr gut schmecken“, mutmaßt Schleich. „Es ging einfach nur darum zu zeigen, wie viel Geld man hatte, indem man sich viel Pfeffer leisten konnte.“ Von Friedrich dem Großen weiß man, dass er sogar seinen Kaffee pfefferte.
(erschienen im Lebensart Magazin 2018/2)