Nicholas Ofczarek und Tamara Metelka im Gespräch. Der Himmel ist frühlingsrosa über dem Wiener Rathaus. Beim Burgtheater gegenüber wird das Stück für heute Abend „Die Affaire Rue de Lourcine“ angekündigt. Bevor Nicholas Ofczarek gemeinsam mit Maria Happel und Michael Mertens dort auf der Burgtheater-Bühne steht, nehmen er und seine Frau Tamara Metelka, ebenfalls Schauspielerin und Leiterin des Max-Reinhard-Seminars, sich Zeit für ein ausführliches Gespräch über ihre „Parallelwelt“ im Waldviertel, das Grenzland, sanften Tourismus und den Wert der kleinen Gemeinschaft „Dorf“.
Wir sitzen im Restaurant Vestibül. Den Chef de Cuisine, Christian Domschitz, hat das Ehepaar einmal zufällig beim seinem Fleischer Geitzenauer in Litschau getroffen. „Wir sind dann zu uns gefahren und haben spontan miteinander gekocht“, erzählt Tamara Metelka von einem ihrer „schönsten Erlebnisse oben“. Ihr Mann erklärte es zur Tradition: „Das mach ma jetzt immer Anfang des Jahres.“ Zuletzt gab es Reh – durch ein Missverständnis. In Litschau meint man selbstverständlich das ganze Tier, nicht nur den Rehbraten, wenn man ein solches bestellt… „Das wurde uns dann bewusst, als unser Nachbar sagte, er habe jetzt unser Reh bekommen. Also war natürlich die gesamte Kühltruhe voll damit und wir haben diesmal gleich den Fleischer und den Koch zum Reh-Essen eingeladen.“
Ofczarek ist in vielen verschiedenen Orten aufgewachsen, in Österreich, Deutschland und der Schweiz. In einer 70.000-Einwohner-Stadt genauso wie im Appenzeller Land in den Bergen, einem Dorf, das ungefähr so groß ist wie Litschau, aber auch in Graz und in Wien hat sich seine Kindheit abgespielt. Vor kurzem hat er herausgefunden: „Ich stamme väterlicherseits irgendwie aus’m Waldviertel“, sagt er stolz. „Aus einer Rauchfangkehrer-Dynastie aus Zwettl“, fügt er verschmitzt und mit der typischen lokalen Sprachfärbung, die das harte, doppelte „T“ in der Wortmitte unhörbar verschluckt und mit dem „L“ hingegen einen Meidlinger fast neidisch werden lässt.
Das Waldviertel schätzt der Schauspieler seit er seine Frau Tamara kennengelernt hat vor 21 Jahren. Die Beiden bilden mit vier Familien eine Eigentümergemeinschaft in einer alten Brauerei nahe der Tschechischen Grenze. „Wir lieben es, weil es so abgeschieden ist, weil es so weit weg ist. Und es ist trotzdem in knapp zwei Stunden von Wien erreichbar“, sagt Metelka. Ihr Mann pflichtet ihr bei: „Das ist gerade so weit weg, dass man im Notfall zurück kann, was man selten muss. Es ist immer noch Grenzland und wird’s auch immer sein. Da kommt keine Autobahn hin. Hoffentlich.“
Wie macht sich das bemerkbar, das Grenzland?
TM: Es gibt dort echt Wildnis. Es sind zwar unsere Wälder viel gepflegter als in Kanada, aber gleich nach der tschechischen Grenze heißts „Česká Kanada“ . Man kann stundenlang gehen, ohne jemanden zu treffen. Das ist halt der Vorteil. Es ist halt…
NO: …still.
TM: …irrsinnig viel Land. Hingekommen, also ins Waldviertel, sind wir durch mich. Ich bin halb in Hörmanns und halb in Wien aufgewachsen. Zweitwohnsitzer gibt es jetzt viele. Damals, als meine Eltern das Haus gekauft haben, 1971, wollte niemand so nahe an den Eisernen Vorhang. Das war mitten im Kalten Krieg.
Wie haben Sie das erlebt?
TM: Wenn ich alleine in den Wald ging, wurde mir immer gesagt: ,Nicht zu weit weg und aufpassen! Wennst auf die tschechische Seite kommst, bist du drei Tage verschwunden.‘ Immer wenn ich etwas vorbeirollen gehört hab, hab ich gedacht, die russischen Panzer kommen.
Klingt unheimlich.
TM: Das war es. Wir waren am Ende der Welt. Und es gab wirklich immer die Geschichten von Männern, die besoffen über die Grenze kamen und dann echt tagelang festgehalten wurden. Außerdem habe ich die Hundestaffeln im nahen Haugstall oft bellen gehört. Ein prägendendes Erlebnis hatte ich im Alter von circa neun Jahren. Wir gingen spazieren an einem Grenzsee. Drüben waren Pfadfinder aus Tschechien. Wir wussten, wir dürfen nicht rüberschwimmen oder in ein Boot steigen, sonst wird womöglich jemand erschossen. Das war heftig.
Wie haben Sie den Fall des Eisernen Vorhangs in Erinnerung?
TM: Seit damals, habe ich das Gefühl, haben sich mehr Leute angesiedelt. Am Anfang war’s sehr arm. Es gab kein Kanalsystem zum Beispiel.
Wer zieht da jetzt vermehrt rauf?
TM: Vor allem Künstler, Menschen, die Ruhe suchen.
NO: Schriftsteller wie Menasse.
TM: Gerade auf der tschechischen Seite ist alles noch unberührt. Die Zufahrtsstraßen aus dem Kalten Krieg sind jetzt betoniert. Man kann herrlich Radfahren. In Tschechien gibt es ein tolles Radnetz, alles super verzeichnet.
Das klingt nach Idylle vom unversehrten Erholungsraum. Wie geht es jenen, die die ganze Woche dort wohnen und arbeiten?
TM: Ich würde sagen, es gibt genug Arbeitsplätze und Infrastruktur. Wir leben in Zeiten des Internets, damit können viele von überall aus arbeiten. Ich erlebe weniger, dass Geschäfte zusperren, sondern eher, dass neue eröffnen. Litschau ist ein Luftkurort, die Leute kommen wegen der unberührten Natur. Man verwendet die Einsamkeit dort gut und nützt den sanften Tourismus.
Aber das macht jetzt eine überschaubare Anzahl an Arbeitsplätzen für Einheimische. Wie ist es um die Landflucht bestellt?
TM: Oft übernimmt ein Kind den Hof, die anderen gehen nach Wien studieren. Manche bleiben in der Stadt zum Arbeiten und sind dann am Wochenende oben, andere finden im Waldviertel Jobs.
Katastrophal finde ich, dass in Krankenhäusern einzelne Stationen zugesperrt wurden. Viele Frauen müssen wahrscheinlich nach Tschechien für die Geburt fahren, weil es in Waidhofen keine Geburtenstation mehr gibt. Diese Entwicklung finde ich gefährlich.
Was sind positive Entwicklungen, die Sie wahrnehmen?
TM: Vieles besserte sich in den letzten Jahren, man geht mit der Zeit, findet neue Wege. Als es hieß, dass das Hilfswerk in Litschau gestrichen wird, wurde man erfinderisch und so ist es jetzt auch Postpartner. Das ist wunderschön zu sehen, dass ein Ort eine starke Gemeinschaft hat, die dafür kämpft, dass ein Ort auch bleibt.
Gerade im Alter unterscheidet sich das Leben im Dorf wesentlich vom Leben in der Stadt.
TM: In der Altenbetreuung hat Niederösterreich einen super Weg gefunden. Das ist weit weg vom Anonymen. Die Mitarbeiter sind aus der Region, die Leute kennen sie und können so lange wie möglich zuhause wohnen.
Zu ihren einheimischen Freunden zählen Metelka und Ofczarek auch die Biobauern Tanja und Gottfried Hammerschmidt. Die Gemeinderätin und der Feuerwehrkommandant sind ihre wichtigsten Ansprechpartner vor Ort.
TM: Nachbarn oder fixe Bezugspersonen sind im Dorf besonders wichtig. Tanja habe ich zum Beispiel angerufen und gebeten, bitte die Einfahrt freizuschaufeln. Ich wäre mit dem Auto gar nicht raufgekommen als noch so viel Schnee war.
Die Feuerwehr ist ein zentraler Verein in Hörmanns. Sie veranstaltet Straßenfeste, den ,Punschzauber‘, das Kinderbasteln und gab sogar ein eigenes Kochbuch heraus. Auch Ofczarek und Metelka haben ein Rezept beigesteuert. Bei ihnen gab es Chilli con Kürbis und Maisbrot.
TM: Für uns war selbstverständlich, dass wir da mitmachen. Ich habe das Gefühl, dass die Ortsvorsteherin Tanja viel unternommen hat, seit sie fix in Litschau wohnt. Sie hat zum Beispiel eine Hörmanns-Whatsapp-Gruppe gegründet.
Worüber tauscht sich da die Dorfgemeinschaft so aus?
TM: Man kriegt alles mit: Wenn jemand krank ist, wenn jemand ein Kind bekommen hat, was im Fasching passiert, wann die Jagdpacht bezahlt wird. Letztens stand drinnen: ,Achtung, Ortseinfahrt total vereist!‘ Das finde ich total super.
„Auf dem Lande sind wir die Figuren eines großen Familiengemäldes, in der Stadt kehrt jene in den ihr von den Verhältnissen geschnitzten goldenen oder schwarzen Rahmen zurück und wird ein selbstständiges Bild, höher oder niederer gehängt, in besserem oder schlechterem Lichte.“ (Johann Nepomuk Nestroy)
Dieser Wechsel – das Rausfahren aus der Stadt und dem Trubel – kann man den ein bisschen mit dem Rollenwechsel im Schauspielerberuf vergleichen?
TM: Wenn dann, sind wir in Wien in einer Rolle drinnen, oben sind wir selbst.
NO: Ich sag immer: ,Ich wohne in Wien und lebe im Waldviertel.‘ Es ist kein Rollenwechsel. Ich werde einfach ruhiger. Wobei: Mein ganzes Leben lang, habe ich wiederkehrend ein und denselben Traum: Ich entdecke in meiner Wohnung eine Tür, die immer schon da war und dahinter einen Raum, der mir wieder einfällt und dann kommt wieder eine Tür. Ich komme drauf, dass die ganze Zeit in dem, wo ich lebe, noch etwas ist, dass ich immer wieder vergesse. Und das ist das Waldviertel. Wie eine Parallelwelt.
Wie bei Alice im Wunderland.
NO: Ja und jetzt, wo man mit dem Radl einfach nach Tschechien fahren kann, ist man schnell noch einmal in einer solchen neuen Welt. Sie war die ganze Zeit da, nur wir, Kinder des Kalten Krieges, haben uns einfach nicht hinübergetraut. Ich kann mich erinnern, als wir das erste Mal über das Brückerl gefahren sind: Drei Kilometer – andere Sprache, andere Währung. Für die Tschechen ist das der Süden, wie für uns Kärnten und alles ist 20 Jahre zurück – Vespafahren und Beachvolleyball.
TM: Die unberührte Natur – es schaut aus wie bei Pan Tau.
NO: Das ist super: einfach in eine Parallelwelt reisen und in der Parallelwelt noch in ein andere schauen. So gesehen, bin ich keine Rolle, aber jemand anderer. Der Wechsel und das Gefühl ist definitiv da.
Wie wirkt sich ihr Kontakt mit dem Landleben auf Akzente und Dialekte, Gehabe aus? Beeinflusst das vielleicht auch Rollenbilder, die Sie auf der Bühne verkörpern?
NO: Man beobachtet das. Der durchschnittliche Waldviertler ist nicht so gesprächig zu Fremden, zu uns schon mittlerweile. Ich finde es so angenehm da oben, weil es so unwichtig ist, wer man ist und was man ist.
TM: Man wird nicht blöd angeschaut. Es ist auch angenehm, wo zu sein, wo es weniger Menschen gibt. Spazierengehen ohne jemanden zu treffen, hat genauso seinen Reiz wie in Wien am Graben zu gehen und in die Menschenmenge einzutauchen. Mit 12, 13 Jahren bin ich stundenlang alleine im Wald spaziert. Irgendwann hat jemand erzählt, dass aus Tschechien Bären kommen, dann war ich furchtsam bei jedem Geräusch.
Wölfe sind ja jetzt wieder entdeckt worden bei Allentsteig.
TM: Einen Wolf werden wir nie sehen, aber Wildschweine gibt’s Millionen und Füchse. Außerdem haben wir ein Fischotterproblem. Das wird heftig diskutiert. Ein Graf, der Karpfen züchtet, hat uns erzählt, dass ein Fischotter teilweise bis zu 30 Prozent eines Karpfenteiches vernichtet. Andererseits ist der Otter ein streng geschütztes Tier. 500 bis 600 gibt es in ganz Niederösterreich und 40 sind jetzt „zum Entnehmen“ freigegeben. Die Fischbesitzer haben so einen Hass, die knallen sicher mehr ab.
NO: „Entnehmen“!
TM: Es wird ein Fischotter-Gemetzel geben demnächst. In der Unterwasserwelt in Schrems kann man zwei Exemplare anschauen übrigens.
NO: Ich habe gelesen, dass das Wild scheinbar die Grenze weitervererbt hat. Die Rehe leben noch die Revier-Einteilung aus der Zeit des Eisernen Vorhangs.
Wie viel hat das Leben dort mit jenem, das in „Braunschlag” gezeigt wird, gemeinsam?
NO: Braunschlag ist Fiktion, es kann so aber überall in Österreich stattfinden. David Schalko ist ja Litschauer und Nina Proll stammt aus Haugschlag. Es geht nicht darum, eine Realität abzubilden, sondern um einen abgeschiedenen Teil Österreichs.
TM: In Braunschlag geht es um jenes Thema, das Sie vorhin beschrieben haben.
Die Landflucht? Die ist aber zumindest nicht fiktiv. Jüngste Studien warnen davor, dass bis zum Jahr 2030 ganze Regionen bis zu zehn Prozent ihrer Einwohner verlieren werden. Sie strömen in die städtischen Ballungsräume, allen voran nach Wien. Die Bundeshauptstadt wächst jährlich um die Einwohnerzahl von St. Pölten. Ist der erwähnte sanfte Tourismus das Marienwunder in Litschau?
TM: Ich würde schon sagen. Zum Beispiel fährt seit 10 Jahren die Schmalspurbahn den ganzen Sommer wieder als Tourismusattraktion: 150 Meter nach Litschau bleibt sie schon stehen, da steigt der Wirt ein und verkauft Bier und Cornetto.
Als ich ein Kind war, sind wir mit dem Zug von Wien nach Gmünd und dann mit dieser Lilliputbahn durch die Auen weiter. Da ist sie noch als normales Verkehrsmittel gefahren. Dass sie eingestellt wurde, war eine Katastrophe für uns, die wir dort halb zuhause waren. Ein Teil der Identität wurde gekillt durch die Einsparungen.
Vor vielen Jahren haben Sie in Nestroys “Freiheit in Krähwinkel” gespielt – ein Sittenbild auf die 1848er-Revolution, in dem sich die Bewohner des fiktiven Dorfs auflehnen. Wie viel Bürgerbeteiligung, Einbringung und Mitbestimmung braucht es? Ist man in der Dorfgemeinschaft gefühlt nicht sowieso näher am demokratischen Prozess?
NO: Das war eine Inszenierung von Castorf, der hat ja das Stück nicht so erzählt wie es dasteht, sondern versucht den Nestroy’schen Anarchismus anders zu zeigen.
In Litschau und der sogenannten Katastralgemeinde Hörmanns habe ich in die Gemeindepolitik wenig Einblick. Allgemein gesprochen ist ein demokratischer Prozess überall, auch im Kleinen wichtig.
TM: Er findet wahrscheinlich auf ganz anderen Ebenen statt. Es gibt Anhörungen, man trifft sich zum Beispiel im Feuerwehrhaus, um ein Problem zu besprechen. Das ist in einer anonymen Großstadt wie Wien überhaupt nicht möglich. Wenn ein Thema mich betreffen würde, würde ich auch hingehen.
Was wäre das zum Beispiel?
NO: Windräder.
TM: … ein Handymasten war unlängst im Gespräch. Es gibt die Beschwerde von vielen Leuten in Hörmanns, dass sie in der Senke keinen Handyempfang haben. Ich verstehe das Problem der Erreichbarkeit, aber ich habe darauf hingewiesen, dass die Auswirkungen der Masten noch nicht untersucht sind. Es ist absolut gut, dass man in kleinen Gemeinschaften mehr mitbekommt und bestimmen kann. Das Gefühl habe ich in Wien nicht.
Im langen Wahlkampf zur Bundespräsidentschaft war oft von der Spaltung der Gesellschaft die Rede.
TM: Ich glaube, dass Wien mehr gespalten ist. Viele sehen selten die Chance, sich zu artikulieren, außerhalb von Hasspostings im Netz. Ich könnte mir vorstellen, dass in einer kleineren Dorfgemeinschaft wie Hörmanns aktuelle Dinge besser durchdiskutiert werden, dass man Leute eher überzeugen kann. In der Flüchtlingsdebatte haben die Menschen in Litschau mehr mitgekriegt.
Wissen Sie, wie viele Flüchtlinge in Litschau untergebracht sind?
TM: Momentan kommen 60 Flüchtlinge auf eine Einwohnerzahl von 3.000. Es gibt Leute, die sehr intensiv helfen und solche, die schimpfen. Die Spaltung der Gesellschaft ist aber eine der Anonymität und durch das Festfrieren in Positionen.
NO: Unterschiedliche Meinungen sind ja nicht schlimm. So lang man miteinander redet, ist es keine Spaltung.
TM: In Wien war ich mit Meinungsextremen konfrontiert. In Litschau ist ein gesunder Menschenverstand am Werk, das ist eher ein Abwarten und Schauen. Dort habe ich mit manchen Leuten intelligenter sprechen können als in Wien, allerdings habe ich mich auch nicht an den Stammtisch gesetzt.
Dadurch, dass jeder jeden kennt, läuft die Kommunikation einfach. Als Flüchtling wäre ich lieber in Hörmanns. Dort hätte ich eher das Gefühl, Teil einer Gemeinschaft werden zu können.
NO: Der Dorfzahnarzt in Litschau ist übrigens Syrer. Der ist schon seit 20 Jahren dort und so etwas wie ein Bindeglied, gibt Deutschkurse und macht viel Integrationsarbeit.
Wie läuft die so?
TM: Der erste Schwung mit 30 Menschen ist extrem gut integriert. Einige möchten unbedingt im Waldviertel bleiben und dort einen Job finden. Die Jobsuche hat der Zahnarzt in der „Gemeindezeitung“ ausgeschrieben.
Wie oft sind Sie jetzt eigentlich in Hörmanns?
NO: Ich fahre oft für eine Vorstellung ins Burgtheater und dann wieder zurück.
TM: In New York pendeln viele mit dem Zug jeden Tag von außerhalb in die Stadt. Die leben so.
NO: Jo, muass ma oba ned. Mir is ja recht, dass es so weit weg ist.
Wenn gar zu viele Wiener raufkommen, ist es gar nicht mehr so ruhig, hm?
TM: Ich überlege, wie wir unser berufliches Leben gestalten könnten, damit wir öfter oben sein könnten: Wie kann ich drei Tage in Wien und vier Tage im Waldviertel verbringen? In Nordamerika ist es selbstverständlich zwei Stunden bis zum Arbeitsplatz zu fahren. Unsere Verwandten in Kanada meinen, sie wohnen nah beieinander, dabei sind das zehn Autostunden. Das sind ganz andere Distanzen.
NO: Ich könnte ohne Stadt leben. Ich könnt’ die ganze Zeit am Land leben. Kein Problem. Du nicht, gell?
TM: Ganz ohne Stadt geht es nicht. Aber je älter ich werde, desto mehr Natur brauche ich. Im Wiener Innenstadtbezirk gibt es kaum Grün, nur unseren kleinen Balkon. Wenn ich zwei, drei Wochen nicht im Waldviertel bin, werde ich unruhig. Freitag Abend rauf und Sonntag Abend zurück: Das ist eigentlich das Schönste.
(erschienen im Zukunftsbericht 2017 vom Österreichischen Gemeindebund: http://gemeindebund.at/website2016/wp-content/uploads/2017/07/kommunaler_zukunftsbericht_2017_doppeleitig.pdf )
Foto: Jürg Christandl